Seit dem 25. Mai müssen in der EU die Regeln der Datenschutz-Grundverordnung angewendet werden. Zwei Jahre hatten Unternehmen, Behörden, Webseitenbetreiber, Blogger, Vereine und Co. Zeit, diese umzusetzen. Die enorme Berichterstattung zur DSGVO hat bereits ein Ziel erfüllt: Alle sprechen über den Datenschutz.
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Bereits im Herbst vergangenen Jahres warnte der Digitalverband Bitkom, dass die große Mehrheit der Unternehmen nicht auf die neuen Regeln vorbereitet ist. Glaubt man Medienberichten, haben die meisten Unternehmen, Vereine und Blogger erst im Mai – also knapp drei Wochen vor der zwingenden Anwendung – damit begonnen, ihre Datenschutzprozesse zu durchleuchten. Ein Blick in die zwölfmonatige Such-Auswertungen von Google zeigt: Nennenswertes Interesse an den Suchworten DSGVO und Datenschutz gab es bis Ende April kaum. Seitdem brechen die neuen europäischen Datenschutzregeln alle Rekorde – nicht nur im Netz. Selbst in den USA sind Redaktionen und Unternehmer in Wallung geraten.
Genau das wollten die Europäischen PolitikerInnen erreichen: Den Datenschutz als Thema auf der Agenda etablieren und einheitliche Datenschutzstandards in Europa schaffen. Demnach haben BürgerInnen nun wesentlich mehr Rechte mit Blick auf ihre Daten. So müssen Unternehmen, Webseitenbetreiber aber auch HausärztInnen nun detailliert transparent machen, wie sie Daten erheben und verarbeiten. Für alle NutzerInnen und KundInnen gibt es nun das Recht, sämtliche persönliche Daten löschen zu lassen. Bei groben Verstößen sind saftige Strafzahlungen vorgesehen.
Im Vorfeld gab es eine intensive Debatte darüber, was die DSGVO nun bedeutet. Würden die Landesdatenschutzbehörden Unternehmen mit Strafe in Millionenhöhe belegen? Ziehen Abmahnanwälte durchs Land und mahnen „kleine“ Webseitenbetreiber und Blogger ab? Eine nicht-repräsenative Umfrage auf Twitter ergab, dass rund 350 Internetseiten und Blogs ihren Betrieb vorläufig eingestellt haben – die BetreiberInnen sahen sich nicht imstande, die neuen Regeln umzusetzen. Gleichwohl beteuerten staatliche Datenschützer, dass es keinen Anlass für Panik gebe. Die Datenschutzbehörden gaben laut heise.de bekannt, dass sie bei ihren Kontrollen besonderes Augenmerk auf Soziale Netzwerke, Scoring und Fahrzeugdaten legen wollen. Auch die gerade bei privaten Bloggern gefürchteten Abmahnanwälte sehen laut wired.de keine neue Abmahnwelle durchs Land rollen. Allerdings gab es bereits am 30. Mai erste Meldungen über Abmahnungen.
Allerdings gilt es für Medienschaffende, Blogger und Co., die Details der DSGVO zu prüfen, etwa bei der Verwendung von Fotos. Schon bisher durften Fotografien in der Regel nur verbreitet und veröffentlicht werden, wenn die abgelichteten Personen dem explizit zustimmten. Doch es gibt Ausnahmen: So erlaubt § 23 Kunsturhebergesetz, dass Personen der Zeitgeschichte ohne Einwilligung fotografiert werden dürften, ebenso Personen, die als „Beiwerk“ in der Landschaft zu sehen sind oder an „Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen“ teilnehmen. Dazu erlaubt das Grundrecht auf Meinungs- und Informationsfreiheit Fotos zum Zweck der journalistischen Berichterstattung. Grenzen setzt seit jeher das Persönlichkeitsrecht. Wer fotografiert wurde, kann eine bereits gegebene Einwilligung unter gewissen Umständen widerrufen und die Veröffentlichung so verhindern. Damit durften auch Gewerkschaften bei ihren Veranstaltungen, wie dem 1. Mai, Tarifkundgebungen oder Demonstrationen, ohne Einverständnis der TeilnehmerInnen fotografieren und die Bilder für die Berichterstattung in Print- und Onlinemedien verwenden.
Mit der neuen Datenschutzgrundverordung wird nun die Rechtslage für professionelle Fotografinnen und Fotografen nicht einfacher. Denn sobald Menschen auf einem Digitalfoto erkennbar sind, handelt es sich dabei um personenbezogene Daten im Sinn der DSGVO. Und diese dürfen ohne explizite Einwilligung nicht mehr verarbeitet werden – es sei denn, es handelt sich um private Fotos. Ob damit offizielle Fotos von gewerkschaftlichen Veranstaltungen zukünftig unmöglich werden, darüber sind sich Fachjuristen derzeit noch uneinig. Während einige das Ende der professionellen Eventfotografie sehen, warnen andere vor Panikmache und argumentieren, das Kunsturhebergesetz mit den Ausnahmen des § 23 habe Vorrang vor der DSGVO. Einig sind sich alle, dass die Frage schon bald die Gerichte beschäftigen dürfte.