Facebook will eine eigene digitale Währung unter dem Namen Libra einführen. Der DGB-Finanzexperte Robby Riedel spricht im Interview über die Risiken des Vorhabens und was dies für die Datensicherheit bedeutet.
pexels_com
Wie bewertest Du Facebooks Plan, eine digitale Währung einzuführen?
Die Idee einer Krypto-Währung gibt es bereits seit geraumer Zeit und lange vor Libra. Ihren wirklich innovativen und bahnbrechenden Charakter erhält die Digital-Währung aktuell durch den geplanten Umfang und die Reichweite der Währung auf Facebook und anderen Plattformen. Diese wäre auf Anhieb für Milliarden Menschen weltweit zugänglich. Aber auch diejenigen, die Facebook nicht nutzen, würden von der Einführung unmittelbar betroffen sein, denn Libra hätte weitreichende Konsequenzen für alle.
Wie soll das Ganze denn funktionieren?
Libra ist eine digitale Währung, die von Facebook entwickelt wurde, um den nationalen und internationalen Zahlungsverkehr zu erleichtern sowie schnelle und kostengünstige Finanztransaktionen zu ermöglichen. Gemeinsam mit anderen großen Akteuren der Plattformökonomie wie z.B. PayPal, eBay oder Uber hat Facebook die Libra Association gegründet, um die neue Währung bis 2020 auf den Markt zu bringen und zu etablieren.
Ist Libra so etwas wie das neue Bitcoin?
Libra ist eine sogenannte „Stable Coin“, das heißt, dass sie im Unterschied zu bereits bekannten Krypto-Währungen wie z.B. Bitcoin, aus Einlagen der beteiligten Unternehmen gestützt wird, um somit mögliche Wertschwankungen zu vermeiden. Ein weiterer Unterschied zum Bitcoin findet sich darin, dass Finanztransaktionen mit der Libra nicht durch unzählige, dezentralisierte Rechner anonymisiert und verschlüsselt werden, sondern dass die Informationen auf firmeneigenen Servern der Libra Association gelagert werden.
2,7 Milliarden Facebook-NutzerInnen könnten mit Libra weltweit bezahlen. Wo liegen die Probleme?
Ein privater, schneller und kostengünstiger Zahlungsverkehr weltweit, als eine effiziente und unkomplizierte Alternative zu staatlichen Zahlungsmitteln hört sich sicherlich erst einmal vielversprechend an, allerdings sehe ich genau dort auch die zentralen Risiken und Probleme der Libra. Zum einen soll die Libra an verschiedene nationale und regionale Währungen wie den Euro oder den US-Dollar gekoppelt werden. Laut Libra Association soll der Währung dadurch Stabilität und Sicherheit verliehen werden. Bei zukünftigen Wechselkursschwankungen oder Finanzmarktturbulenzen könnte jedoch genau diese Koppelung das Gegenteil bewirken und zu starken Wertverlusten führen.
Was heißt das für die NutzerInnen?
Sollten die Märkte oder die Anleger dabei das Vertrauen in die Libra verlieren, kann sogar ein vollständiger Geldverlust drohen, da die virtuelle Währung kein gesetzliches Zahlungsmittel ist und Banken und Händler sie nicht als Zahlungsmittel akzeptieren müssten. In diesem Falle kann die Libra Association als Privatunternehmen mit lediglich beschränkter Haftung dafür kaum vom Nutzer haftbar gemacht werden. Dadurch sehe ich in der Währung ein erhebliches Risiko für den Verbraucher bis hin zum Totalverlust seines Geldes.
Dr. Robby Riedel ist Referatsleiter für „Marktregulierung und Verteilungspolitik“ beim DGB-Bundesvorstand in Berlin. DGB
Wie sieht es denn mit den Nutzerdaten aus – sind die sicher bei Libra?
Libra hätte auch potentielle Auswirkungen auf eines der wichtigsten Güter des 21. Jahrhunderts: unsere persönlichen Daten. Facebook ist ein Unternehmen, welches bereits in der Vergangenheit immer wieder durch grobe datenschutzrechtliche Verletzungen aufgefallen ist und dafür auch bisweilen strafrechtlich belangt wurde. So einem Unternehmen (und weiteren) nun zusätzlich zu detaillierten persönlichen Informationen auch noch Zugriff auf sensible Zahlungsdaten zu gewähren, würde ihre bereits vorherrschende Monopolstellung weiter stärken und könnte zu gefährlichen gesellschaftlichen Abhängigkeiten führen.
Außerdem sollte bedacht werden, dass es bei der Libra um ein milliardenschweres Investitionsprojekt verschiedener Großunternehmen handelt. Die Libra Association und ihre Mitglieder sind privatwirtschaftliche Akteure und handeln profitorientiert. Sie sind nicht nur an einem reibungslosen Zahlungsverkehr interessiert.
Gibt es Regeln für Krypto-Währungen?
Aktuell ist noch unklar ob, wann und in welcher (Rechts-)Form Libra erscheinen wird. Daher ist es auch noch unklar, wie tiefgreifend und in welcher Form die digitale Währung reguliert werden würde. Wichtig ist allerdings, dass dabei ein internationaler Regulierungsansatz verfolgt werden müsste. Da die Libra als transnationales Zahlungsmittel eingesetzt werden soll, sollte sie auch auf entsprechender Ebene reguliert werden, auch um mögliche Schlupflöcher zu vermeiden.
Wer könnte Libra beaufsichtigen?
Ich gehe davon aus, dass die entsprechenden Zentralbanken und Aufsichtsbehörden ein scharfes Auge auf die weiteren Entwicklungen haben werden, da auch sie ihre jetzige Hoheit über das Geldsystem nicht an private Akteure verlieren wollen. Wer solch einen bedeutsamen Einfluss auf die globale Finanzstabilität ausüben will, wird mit weitreichenden Auflagen rechnen müssen. Die EZB und Finanzmarktexperten haben sich bereits sehr kritisch gegenüber der neuen Währung geäußert.
Also eher kein Zukunftskonzept?
Trotz der aktuellen Ungewissheiten über die weitere Entwicklung und den zukünftigen Einfluss der Libra und der Verlockung stetiger technischer Innovation, sollte man sich die vielfältigen und möglicherweise gravierenden Risiken und Gefahren einer zukünftigen Privatwährung in den Händen von Facebook und Co. stets vor Augen führen und in keinem Falle unterschätzen. Nach derzeitigen Stand der Dinge gehört die private Währung bereits verboten, bevor sie das Licht der Öffentlichkeit erblickt – insbesondere aufgrund der gravierenden Risiken für Verbraucher, Geldpolitik und Aufsicht, und der Einflussnahme der Tech-Giganten auf viele Bereiche unseres tagtäglichen Lebens.